MISSION

Post-anthropozentrischer Zirkus ist unser Beitrag, um die Welt zu retten.
Mit unseren spekulativen, interaktiven Performances erzählen wir von artenübergreifender Solidarität, der Kraft der Symbiosen und befeuern einen Paradigmenwechsel. Wir kreieren sinnliche Erfahrungsräume der sozial-ökologischen Diversität und forschen nach mehr-als-menschlicher Ästhetik. Das Publikum erlebt, wie es sich anfühlt, wenn Menschen nicht mehr die Krone der Schöpfung sein müssen und sich daraus Auswege aus den multiplen Krisen eröffnen.
„Kompost rules! Wir lieben das Mikrobiom!“

post- anthropozentrisch

Post-anthropozentrisch bedeutet Mensch zu dezentrieren und eine von vielen getragene „kopernikanische Wende 2.0“ einzuläuten:
Weiße, westliche, cis, hetero Männer haben lange genug die Welt mit einer einzigen Meta-Erzählung erklärt und kaputt gemacht. Wir erkennen die Vielgestaltigkeit der Kosmologien, des Wissens und der Politik an. Wir machen einen Schritt hinein in unser Unwissen, experimentieren empathisch, spekulativ und demütig mit vielfältigen Formen der Kommunikation.
Spielerisch verbünden wir uns mit den anderen Lebewesen und verstehen uns als Teil der Erdbewohner*innen, die sich gegen patriarchale, kapitalistische, rassistische Ausbeutung verteidigen.
Symbiosen for ever!

Mineral Life

Does life only make sense as one side of a life-matter binary, or is there such a thing as a mineral or metallic life, or a life of the it in “it rains”? Jane Bennett

Alles ist lebendig, miteinander verbunden und im Prozess: nicht nur Pflanzen und Menschen, sondern auch Felsen und Luft. Sie sind lebendig in ihren komplexen Beziehungen, Verflechtungen und Neigungen zu unvorhersehbaren Veränderungen. Dabei geht es uns darum, die Dichotomien zwischen Mensch und Objekt aufzulösen: Objekte sind lebendig aufgrund ihrer Fähigkeit, in der Welt einen Unterschied zu machen, Wirkungen zu erzielen und das Netz der Beziehungen, von dem sie ein Teil sind, zu gestalten. Gleichzeitig sind wir Menschen keine souveränen oder autonomen Subjekte; wir selbst sind aus einem komplexen Netz aktiver Körper und Materialien zusammengesetzt.

Mikrobiom

Es geht um nicht weniger als eine Anerkennung der Produktivität der Verwesung und des Zerfalls. Ein Blick auf die eigene Vergänglichkeit und das Abstandnehmen vom Glauben, dass wir alleine jemals etwas schaffen können. Nur mit dem Mikrobiom kommen wir weiter. Denn Mikroben können uns retten. Bakterien, Viren und Pilze sind symbiotische Held*innen, die wir so dringend brauchen. Kleinstlebewesen haben die Macht, CO2 in der Erde zu speichern, Humus und Sauerstoff zu erzeugen und uns Menschen zu ernähren. Sie sind Vorbilder für ein alternatives Weltverständnis jenseits von ausbeuterischer Heteronormativität.

Das Mikrobiom stellt mit 70% den Großteil der Biomasse auf der Erde. Allein im menschlichen Darm befinden sich 2kg Mikroben. Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion und Medizin u.a. brauchen Mikroben. Das Mikrobiom hat die Macht, uns vor dem Untergang zu retten, denn es kann CO2 in der Erde speichern, Humus und Sauerstoff erzeugen und uns Menschen ernähren. Gesunde Böden brauchen das Mikrobiom Das Mikrobiom bedeutet Liebe über alle Spezies hinweg und lehrt uns empathisches Handeln sowie symbiotisches Denken. Mit ihm feiern wir unsere eigene Vergänglichkeit.

Bäume

Wälder werden im derzeitigen Ökologieverständnis hauptsächlich als Ressourcen gesehen. Auch im Klimadiskurs werden sie auf ihre Fähigkeit, CO2 und Wasser zu speichern, oder als Habitate für den Artenschutz reduziert. Selbst der Trend des Waldbadens für die menschliche Gesundheit geht von einer Konsum-Idee der Ökosystemdienstleistungen aus. Wir suchen nach Alternativen zu diesen anthropo- und euro-zentrischen Sichtweisen und verstehen unsere Arbeit als künstlerischen Beitrag zu queer-feministischer Ökologie und dekolonialer Botanik. Unser Ziel ist es, diese beiden Felder durch unsere künstlerisch-kreative Arbeit aus den Universitäten und dem wissenschaftlichen Diskurs hinaus zu tragen und für ein breiteres Publikum erfahrbar zu machen. Dazu gehört, dass wir Bäume als Akteur*innen ernst nehmen und erlebbar machen wollen, ohne sie zu anthropomorphisieren.

Zirkus

Unser post-anthropozentrischer Zirkus ist ein nie endender Versuchsaufbau.
Durch interaktive Elemente rund um (eine immer vom Absturz bedrohte) Luftartistin testen und steigern wir die Empathiefähigkeit des Publikums. Dazu nutzen wir die Mechanismen des Zirkus, denn im Zirkus wird mitgefiebert und mitgelitten – geliebt. Das Spektakel ergreift die Zuschauer*innen. Wir machen uns ihre Ergriffenheit zu nutze.
Wir wollen die Welt auf den Kopf stellen und vom Himmel hängend das Blut in unseren Kopf fließen lassen, mit dem Kopf der Erde näher sein und in einer alternativen Kosmologie schwelgen.

Im Zeitgenössischen Zirkus, der eine theatrale oder narrative Darstellungsebene hat, wird diese Ebene im Gegensatz zum Theater durch das Element des Spektakulären unterbrochen und der Blick immer wieder auf die rein performative Ebene zurückgebracht. D.h. die Angst, das Mitgefühl, die Sorge um die reale Person der Perfomer*in (die z.B. gerade kopfüber an einem Fuß hängt), um ihre körperliche Unversehrtheit, spielt mit und fragmentiert somit den Erzählstrang und die theatrale Imagination. Wir arbeiten bewusst mit diesen Brüchen. Wir wollen Mitgefühl, Empathie, Compassion des Publikums immer wieder herausfordern und es von der Fiktion in die bittere Wahrheit der Gegenwart zurückreißen – immer in der Hoffnung, somit Handlung und Aktion anzustoßen!

Spielorte und Publikum

Unsere Spielorte sind dort, wo wir Menschen erreichen können, also immer draussen und meistens öffentlich zugänglich. Je nach Arbeit spielen wir im naturnahen Wald, im Park, im Gemeinschaftsgarten, in der Innenstadt, auf Brachflächen, auf dem Acker, in der Fußgängerzone.

Unser Publikum ist grundsätzlich erwachsen, Kinder und Jugendliche sind jedoch herzlich willkommen. Je nach Spielort sind wir mal mehr und mal weniger barrierefrei, je nach Arbeit sind wir mehr oder weniger nonverbal. Wir spielen gerne auf deutsch, englisch, tschechisch, spanisch, portugiesisch, russisch oder französisch. Mehr-als-menschliche Begleiter*innen sind willkommen, wenn sie sich an die selben Regeln halten, die wir von unserem menschlichen Publikum erwarten.

queer feminist ecologies

Queer-feministische Ökologien sind ökologischer und sozialer Diversität verpflichtet. 
Wir feiern die Queernes aller Lebewesen. 
Liebe und Sexualität werden aus den Kleinfamilien und heterosexuellen Betten befreit zur Kraft der öko-sozialen Transformation. Liebevolle Interspecies Lovers sind über die Grenzen der Arten hinweg miteinander verbunden, pflegen und sorgen füreinander. 

Der binären Ordnung dessen, was „Natur“ und „Kultur“ sind und wie sie zu unterscheiden sind, wird das Fundament entzogen. „Natur“ und „Natürlichkeit“ als politisches Totschlag-Argument gegen alles, was ausgestoßen und unterdrückt werden muss, wird ausgehebelt. Kultur wird sterblich.

Wir nehmen uns die Macht der Zuweisung zurück.

Wissenschaftliche inspirationen

Bennett, J. (2010) Vibrant Matter
Bouissac, P., (1976) Circus and Culture
Deleuze, G., (1995) Immanence: a life
Ferdinand, M., et.al. (2020) Why we need a decolonial ecology
Haraway D.J. (2008) When Species Meet
Hedva, J () Sick Woman Theory, In: https://topicalcream.org/features/sick-woman-theory/
Latour, B. (2001) Das Parlament der Dinge
Lievens, B. (2016) The myth called circus, in: https://e-tcetera.be/the-myth-called-circus/
Myers, N. (2020) Let the trees lead (or, seeds for a Planthroposcene), in: Forest Intervals/Responding to the Forest’s Call, Stockholm, www.natashamyers.wordpress.com/publications/
Povinelli, E. (2016) Geontologies: Requiem for Late Liberalism
Trapp, F. (2020) Lektüren des Zeitgenössischen Zirkus. Ein Modell zur text-kontext-orientierten Aufführungsanalyse.
Van Dooren, T., Kirksey, E., & Münster, U. (2016) Multispecies studies: Cultivating arts of attentiveness
van der Loo, M. (2021) The vegetal curator, plants as agents of decoloniality in curatorial and pedagogical practices